Nach meiner ersten Arbeitswoche und den Abenden im Hotel auf der Suche nach Wohnungen oder einfach nur so vorm Laptop bzw. Tablett gammelnd, dachte ich, dass ich am Samstag unbedingt nach Chicago rein fahren muss. Denn bisher hatte ich von Chicago selbst noch nichts gesehen, net mal der Landung, da ich am weitesten weg von den Fenster saß 🙁 .
Meine Kollegen ham mir verraten, dass es möglich ist von Tinley mim Zug nach Downtown zu fahren, was wesentlich billiger und entspannter ist und ich muss mir keinen Parkplatz suchen, der so an die $20 die Stunde kostet. Zudem soll es ein Wochenend Ticket geben, welches an beiden Tagen giltet und nur $8 kosten soll *Schnäppchen*. Zudem waren sie auch so nett und ham für mich nachgeschaut wann und wo welcher Zug abfährt, damit ich net umsonst am Bahnhof stehe.
Samstagmorgen bin ich also rechtzeitig aufgestanden, denn der Zug fährt dummerweise nur alle zwei Stunden und zwar um 8:43h und dann erst wieder um 10:43h. Und mein Plan war es den um 10:43h zu bekommen, damit ich so ne Stunde später in Downtwon bin. Vorher habe ich noch mit einigen vielen Leuten daheim gephont und ihnen von meiner ersten Woche erzählt. Eigentlich hatte ich mir die Adresse vom Bahnhof von Tinley rausgesucht und die habe ich auch ins Navi eingegeben, aber am Ende wollte des Navi irgendwie dass ich in eine naja unbefestigte Straße abbiege, welche nach 3m geendet hat. Also hab ich versucht irgendwie anders zu diesem Bahnhof zu kommen. Zum Schluss habe ich die Navifunktion ausgemacht und bin anhand der Karte gefahren und habe den Parkplatz auch kurz vor knapp erreicht, so dass ich den Zug grad noch bekommen habe * Glück gehabt*.
Die Züge hier sind voll cool aufgebaut, da sie zweistöckig sind an den Seiten und in der Mitte nur einstöckig. An beiden Seiten gehen sehr schmale und gewundene Treppen hinauf in die zweite Etage. Dort gibt es entweder Einzelsitze in und gegen die Fahrtrichtung oder mehrere seitlich zur Fahrrichtung. Fahrkarten kann man nur im Zug kaufen und zwar läuft der Schaffner immer durch und man kauft direkt bei ihm. Da in der Mitte frei ist kann er auch die oben Sitzenden abkassieren, wozu aber ne Mindestgröße erforderlich ist, was ja aber der amerikanischen Antidiskriminierung ein fragliches Einstellungskriterium ist.
Natürlich hab ich mich oben hingesetzt, wodurch ich ne coole Aussicht auf die Vororte hatte, welche unterschiedliche Gesellschaftsklassen beherbergen, was man auch sehr deutlich sieht.
In Downtown (La Salle Station) angekommen, ging es mit dem Reiseführer Richtung Cultural Center in der Michigan Avenue. Eigentlich wurde das Gebäude als Stadtbibliothek gebaut und beinhaltete auch das Bürgerkriegsmuseum. Die Bibliothek ist aber 1991 in ein anderes noch cooleres Gebäude umgezogen, so dass das Gebäude heute für Konzerte, Lesungen und Wechselausstellungen genutzt wird. Sehenswert ist vor allem die herrschaftliche Treppe aus Carrara Marmor im Eigangsbereich.
Von dort ging es in den Millennium Park mit der bekannten Cloud Gate, welche eher einer Bohne ähnelt, als einer Wolke, weshalb sie auch liebevoll “The Bean” genannt wird.
Der Park wurde 2004 fertig gestellt und gilt seitdem als green roof, welcher sich dank des Nicholas Bridgeway zu beiden Seiten des Columbus Drive’s erstreckt und insgesamt 10ha groß ist. Neben der Cloud Gate ist auch der Jay Pritzker Music Pavillon and Great Lawn sehenswert, welcher als Musikbühne dient mit einer riesigen Rasenfläche dahinter, auf der man im Sommer bestimmt cool liegen oder sitzen kann, während man einem Konzert lauscht. Am Wochenende ist der Rasen leider immer eingezäunt.
Vom Millennium Park ging es über die Bridgeway in den Grant Park, welcher einen riesigen Kinderspielplatz besitzt und Kletterwände. Des besondere an Chicago im Vergleich zu anderen Großstädten ist, dass es hier sehr viel grüne Flächen direkt in Downtown gibt, was auf ein Gesetz von 1836 zurück geht, welches besagt, dass ein riesiger Grünstreifen direkt am Lake Michigan forever open, clear and free bleiben muss. Mehrere Unternehmen haben zwar versucht dieses Gesetzt außer Kraft zu setzen, weil es halt des perfekte Bauland ist, aber alle wurden zum Glück abgewiesen, weshalb dort nun mehrere Parks angelegt wurden.
Vom Grant Park ging es direkt an den See, welcher eine kleine Größe von etwas mehr als 58.000 km2 besitzt und eigentlich mehr einem Meer gleicht, weil man einfach nur Wasser vor sich sieht und kein Land am anderen Ende.
Angeblich soll er aufgrund der hier doch öfter mal stärkeren Winde sehr gefährlich für die Schifffahrt sein und es sollen doch schon einige viele Schiffe gesunken sein. Aufgrund des schönen Wetter bin ich gemütlich am Lake den Lakefront Trail entlang gewandert, während ich von mehreren dutzenden Joggern und Radfahrern überholt worden bin. Aber es war richtig schön dort entlang zu laufen und die Sonne und des Wetter zu genießen. Kann mir gut vorstellen, dass es im Sommer noch viel geiler ist, da es überall Sitzmöglichkeiten und Grünstreifen gibt *ich hab mir wirklich die falsche Jahreszeit ausgesucht 🙁 *.
Dem Lakefront Trail bin ich bis zur Einmündung vom Chicago River gefolgt, um dann auf der anderen Flussseite zum Navy Pier zu gelangen. Der Navy Pier ist eine künstlich errichte Insel, bzw. Seebrücke im Lake Michigan von eigentlich 5 geplanten Piers. Früher wurde der Pier als Frachtumschlag für große See Schiffe und dem Militär genutzt, bevor er kurzzeitige als Theaterschauplatz mit mehreren Restaurants diente. Aber nach ein paar Jahren hat die Navy wieder die Oberhand bekommen und die Landungsbrücke wieder eine solche nutze. In den 50ziger Jahren errichtete die University of Illinos einen Campus bevor sie nach knapp 10 Jahren in Südwesten der Stadt umzuog. Bis 1994, als die Seebrücke renoviert und saniert wurde, wurde sie wieder als Anlegestelle für Schiffe genutzt. Heute sind dort Freizeiteinrichtungen mit Fahrgeschäften, die leider im Winter geschlossen sind und einem riesigen Riesenrad, welches aber im September nach über 20 Jahre seine letzte Fahrt hatte und nun bis Sommer 2016 durch ein neues ersetzt wird *heul*. Ansonsten gibt es dutzende Fressstände, ein Imax Kino und ein Theater. Was zu dem cool ist, dass sie ganz viele Holzliegestühle aufgestellt haben, in denen man richtig bequem die Sonne genießen kann mit 90min freiem Wlan *juhu*.
Danach war eigentlich der Plan gemütlich durch die Stadt zurück zu laufen und mir vielleicht irgendwo einen Kaffee zu gönnen, bevor es mim Zug zurück nach Tinley geht. Aber kaum war ich vom Navy Pier unten, lief ich meinem deutschen Arbeitskollegen und seiner Frau spontan in die Arme *Zufall*. Diese waren grad auf dem Weg zum Merchandise Mart, welches bei seiner Eröffnung 1930 das größte Gebäude der Welt war und heute noch sehr imposant ausschaut.
Bis 2008 hatte es sogar eine eigene Postleitzahl, weil es so klein war *wau*. In dem Gebäude war früher Chicagos Großhandel untergebracht. Heute soll laut der Aussage des Internets eine Reihe von Geschäften drin und sein und sollte net zum Bummeln sein. Entweder waren wir im falschen Teil des Gebäudes oder des Internet lügt, auf jeden Fall war es total langweilig.
Nach dem Reinfall sind wir erst mal gemütlich ne heiße Schokolade bzw. Kaffee trinken gegangen, bevor ich gegen 17h aufgebrochen bin, um meinen Zug nach Tinley zu erreichen. Aber es lustig die zwei zu treffen, vor allem weil wir uns net verabredet hatten, sondern uns zufällig auf der Straße getroffen ham.
Mit genauso viel Glück wie morgens habe ich auch dieses Mal meinen Zug erreicht und bin dank eines netten und hilfsbereiten Schaffners genau dort ausgestiegen, wo mein Auto stand. Denn hier wird die Station nur durchgesagt und es gibt auch keine Fahrpläne im Zug so wie in Deutschland oder andere Städten und da es draußen immer dunkler wurde und wir mindestens doppelt so oft hielten wie morgens, hab ich irgendwann leicht den Überblick verloren. Aber der Schaffner hat mir gerne geholfen, wie so fast jeder Ami hier.
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